Aktuelle Informationen zur BGH-Rechtssprechung

Corona: Handlungsfähigkeit von Unternehmen, Genossenschaften und Wohnungseigentümergemeinschaften
Die vom Deutschen Bundestag beschlossene gesetzliche Regelung, mit der die Handlungs- und Beschlussfähigkeit von Aktiengesellschaften und vielen weiteren Rechtsformen sichergestellt wird, tritt am 28. März 2020 in Kraft und gilt bis Ende 2021. Damit können die betroffenen Rechtsformen, also etwa Aktiengesellschaften, GmbHs, Genossenschaften, Vereine und Wohnungseigentümergemeinschaften, auch bei weiterhin bestehenden Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten erforderliche Beschlüsse fassen und bleiben so handlungsfähig.
FAQ: Änderungen des Wohnungseigentumsrecht in der Corona-Krise
1. Welche Änderungen sind im Wohnungseigentumsrecht vorgesehen?
Aufgrund der COVID-19-Pandemie ist die Durchführung von Eigentümerversammlungen vielfach nicht möglich. Daher mussten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaften auch weiterhin handlungsfähig bleiben.
Der Gesetzesentwurf sieht hierzu insbesondere zwei Maßnahmen vor: Um im Falle des Auslaufens der Bestellung von WEG-Verwaltern einen verwalterlosen Zustand auszuschließen, wird angeordnet, dass der zuletzt bestellte Verwalter im Amt bleibt. Um zugleich die Finanzierung der Wohnungseigentümergemeinschaften sicherzustellen, wird ferner angeordnet, dass der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort gilt.
2. Wie können die Wohnungseigentümer dringende notwendige Maßnahmen (z.B. Reparaturen) veranlassen?
Das geltende Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sieht bereits vor, dass der Verwalter in dringenden Fällen die zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen ohne vorherige Befassung der Wohnungseigentümer treffen darf (§ 27 Absatz 1 Nummer 3 WEG). Ein dringender Fall liegt vor, wenn die vorherige Befassung der Eigentümer in der Eigentümerversammlung nicht möglich ist. In diesen Fällen ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, ohne vorherigen Beschluss der Wohnungseigentümer alle unaufschiebbaren Maßnahmen veranlassen, z.B. für den Fall, dass dem gemeinschaftlichen Eigentum ein Schaden droht. Insbesondere notwendige Reparaturen können auf dieser Grundlage vom Verwalter veranlasst werden. Demnach bleibt die Gemeinschaft im Hinblick auf unaufschiebbare Maßnahmen in der durch die COVID-19-Pandemie ausgelösten Situation auch dann handlungsfähig, wenn keine Eigentümerversammlung durchgeführt werden kann.
Wie eingangs erwähnt, können Eigentümerversammlungen in Präsenzform derzeit nicht durchgeführt werden. Wie ebenfalls ausgeführt, bedarf es aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung des Verwalters zur Durchführung von Notmaßnahmen derzeit auch keiner Beschlussfassung der Wohnungseigentümer zur Regelung dinglicher Angelegenheiten. Andererseits bedarf es zur Beschlussfassung der Wohnungseigentümer auch nicht ihrer Präsenz in der Versammlung. So sieht die Bestimmung des § 23 Abs. 3 WEG die Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren vor, im Übrigen ist die "Ein-Mann-Versammlung" längst in der Rechtsprechung anerkannt.
Corona: Kündigungsschutz für Mieter
Nachdem der Deutsche Bundestag vergangene Woche das Gesetz zur Abmilderung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beschlossen hat, sind heute die zivilrechtlichen Vorschriften zum Kündigungsausschluss im Mietrecht sowie zum Zahlungsaufschub bei Verbraucherdarlehensverträgen und existenzsichernden Verträgen wie z. B. über Telefon, Strom und Gas in Kraft getreten.
Die am 1. April 2020 in Kraft getreten Regelungen sehen folgende vorübergehenden Regelungen vor:
- Mietern und Pächtern kann für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 nicht wegen ausgefallener Mietzahlungen aufgrund der COVID-19-Pandemie gekündigt werden. Die Miete bleibt für diesen Zeitraum weiterhin fällig; es können auch Verzugszinsen entstehen. Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 müssen bis zum 30. Juni 2022 beglichen werden, sonst kann den Mietern wieder gekündigt werden. Mieter müssen glaubhaft machen, dass die Nichtleistung der Miete auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.
FAQ: Schutz der Mieterinnen und Mieter
1. Was wird zum Schutz von Mietern und Pächtern geregelt?
Das Recht, Miet- und Pachtverhältnisse über Räume oder über Grundstücke wegen Zahlungsrückständen zu kündigen, wird für einen begrenzten Zeitraum eingeschränkt. Die Einschränkung gilt nur für Fälle, in denen die Rückstände auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Regelung ist auf rückständige Miet- und Pachtzahlungen begrenzt, die im Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 fällig sind.
Erst, wenn der Mieter oder Pächter die Zahlungsrückstände auch nach dem 30. Juni 2022 noch nicht beglichen hat, kann ihm wieder gekündigt werden.
Mit den Regelungen soll verhindert werden, dass infolge vorübergehender Einnahmeausfälle durch die COVID-19-Pandemie Wohnraummieter ihr Zuhause und Mieter oder Pächter gewerblicher Räume und von Grundstücken die Grundlage ihrer Erwerbstätigkeit verlieren.
2. Muss Miete in voller Höhe gezahlt werden?
Die Regelung ändert nicht die Pflicht der Mieter zur fristgerechten Mietzahlung, auch wenn sie im Krisenzeitraum nicht über die finanziellen Mittel dafür verfügen sollten. Mietrückstände aus dem Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 berechtigen nur – für die Dauer von 24 Monaten – nicht zur Kündigung. Die Frage, ob und in welcher Höhe Miete fällig wird, richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen und den allgemeinen gesetzlichen Regelungen. Dies betrifft beispielsweise Rechte auf Mietminderung bei Mängeln der Mietsache. Werden danach geschuldete Mieten nicht fristgerecht geleistet, können Mieter in Verzug geraten, so dass Verzugszinsen fällig werden.
3. Was passiert, wenn die Corona-Krise auch im Juli noch andauert?
Sollte sich herausstellen, dass der Zeitraum von April bis Juni 2020 nicht ausreicht, um die wirtschaftlichen Folgen der Krise für Mieter von Wohnräumen oder Gewerberäumen abzufedern, kann dieser Zeitraum durch Rechtsverordnung zunächst um weitere drei Monate und dann gegebenenfalls auch noch ein weiteres Mal (dann aber nur unter Beteiligung des Bundestages) verlängert werden.
4. Ist ein Mieter damit vor Kündigungen während der Corona-Krise sicher?
Die Regelung erfasst nur die Kündigung wegen Mietrückständen aus den Monaten April bis Juni 2020. Gibt es Zahlungsrückstände aus früheren Zeiträumen, die zur Kündigung berechtigen oder sonstige Kündigungsgründe des Vermieters (z. B. Eigenbedarf oder aufgrund Fehlverhaltens des Mieters gegenüber dem Vermieter) ist eine Kündigung weiterhin zulässig.
Auch soweit das Gesetz die Kündigung eines Mietverhältnisses ohne Gründe zulässt, bleibt auch diese Kündigungsmöglichkeit unberührt. Diese Möglichkeit besteht etwa im Fall unbefristeter Mietverhältnisse über Grundstücke und Gewerberäume (§ 580a Absätze 1 und 2 BGB).
5. Was muss ein Mieter tun, um sich während der COVID-19-Pandemie vor einer Kündigung zu schützen?
Ein Mieter sollte dem Vermieter mitteilen, wenn er infolge der COVID-19 Pandemie zeitweise keine Miete zahlen kann. Er muss dies im Streitfall dem Vermieter auch glaubhaft machen. Zur Glaubhaftmachung kann er sich entsprechender Nachweise, einer Versicherung an Eides Statt oder sonst geeigneter Mittel bedienen. Hierfür kommen in Frage: Der Nachweis der Antragstellung beziehungsweise die Bescheinigung über die Gewährung staatlicher Leistungen, Bescheinigungen des Arbeitsgebers oder andere Nachweise über das Einkommen beziehungsweise über den Verdienstausfall.
Mieter oder Pächter von Gewerbeimmobilien können dies auch dadurch glaubhaft machen, indem sie die behördliche Verfügung vorlegen, mit denen ihnen der Betrieb untersagt oder erheblich eingeschränkt wird. Dies betrifft derzeit etwa Gaststätten oder Hotels, deren Betrieb zumindest für touristische Zwecke in vielen Bundesländern untersagt ist.
8. Müssen Mieter die Miete mit Zinsen zurückzahlen?
Das kommt auf den Einzelfall an – aber grundsätzlich ja. Denn die Mieten bleiben weiter regulär fällig. Bezahlt ein Mieter die fällige Miete nicht fristgerecht, dann kommt er grundsätzlich in Verzug. Der Vermieter kann dann – bis der Betrag beglichen ist – hierfür Verzugszinsen verlangen. Diese belaufen sich derzeit auf ca. 4 %.
9. Was ist bei der Regelung zum Kündigungsausschluss mit "Miete" gemeint? Bezieht sie sich nur auf die Netto-Kaltmiete oder auch die Betriebskosten-Vorauszahlungen?
Die Miete erfasst die Grundmiete zuzüglich der laufenden Betriebs- und Nebenkosten (insbesondere Betriebskostenvorauszahlungen oder Betriebskostenpauschale). Zur Miete zählen auch Untermietzuschläge, Zuschläge für gewerbliche Nutzung oder die besonders vereinbarte Vergütung für die Überlassung von Einrichtungsgegenständen.
Mietzahlung
Für eine pünktliche Mietzahlung per Überweisung reicht es, wenn der Mieter den Überweisungsauftrag bis zum dritten Werktag des Monats erteilt. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt des Geldeingangs beim Vermieter an. Anderslautende Formularklauseln sind bei der Wohnraummiete unwirksam.
Bei der Frist zur Zahlung der Miete bis zum dritten Werktag eines jeden Monats wird der Samstag nicht mitgezählt, so der BGH in zwei Entscheidungen aus dem Juli 2010 (Urteile v. 13.7.2010, VIII ZR 129/09 und VIII ZR 291/09). Hintergrund ist, dass Samstage keine Bankarbeitstage sind.
Vermieter muss Betriebskosten in der Abrechnung aufschlüsseln
Für die Differenzierung der Kostenpositionen in der Betriebskostenabrechnung ist es notwendig, aber auch ausreichend, die Kosten nach den Ziffern des Betriebskostenkatalogs aus der Betriebskostenverordnung aufzuschlüsseln.
Eine Zusammenfassung der in verschiedenen Ziffern des Betriebskostenkatalogs genannten Kostenpositionen, etwa von Kosten für Straßenreinigung/Müllbeseitigung (Nr. 8 des Kostenkatalogs) mit Kosten der Schornsteinreinigung (Nr. 12) oder von Kosten der Wasserversorgung (Nr. 3) mit Kosten der Beleuchtung (Nr. 11) ist hingegen unzulässig. Eine Ausnahme hat der BGH lediglich bezüglich der sachlich eng zusammenhängenden Kosten für Frischwasser und Schmutzwasser anerkannt, sofern auch die Berechnung der Abwasserkosten an den Frischwasserverbrauch geknüpft ist.
Zulässige und unzulässige Renovierungklauseln im Mietvertrag
In der Praxis ist es üblich, die Schönheitsreparaturen durch eine Vereinbarung im Mietvertrag auf den Mieter zu übertragen. Der BGH setzt der Gestaltung von Renovierungsklauseln / Schönheitsreparaturklauseln im Mietvertrag aber gewisse Grenzen.
Allerdings ist die Übertragung der Renovierungspflicht per Formularklausel nur wirksam, wenn
- die Wohnung renoviert übergeben wird oder
- die Wohnung zwar unrenoviert übergeben, dem Mieter aber ein angemessener Ausgleich gewährt wird.
Das hat der BGH im März 2015 entschieden
Abgeltungsklauseln
Für den Fall, dass die Schönheitsreparaturen bei Auszug des Mieters noch nicht fällig sind, sind in vielen Mietverträgen sogenannte (Quoten-)Abgeltungsklauseln enthalten. Diese sehen vor, dass der Mieter anteilige Renovierungskosten zahlen muss. Lange Zeit hat der BGH solche Klauseln grundsätzlich, wenn auch in engen Grenzen, als zulässig erachtet, diese Auffassung aber im März 2015 aufgegeben.